Die DV5 Challenge: Ein Framework zur Beschleunigung strategischer Kreativprozesse
Im Spannungsfeld zwischen etablierten Designmethoden und den disruptiven Potenzialen von Large Language Models (LLMs) hat DV5 ein experimentelles Framework entwickelt: die DV5 Challenge. Ursprünglich als internes Forschungsprojekt konzipiert, dient es der systematischen Untersuchung, wie komplexe kreative und strategische Aufgabenstellungen in einem komprimierten Zeitrahmen bearbeitet werden können. Es handelt sich dabei weniger um ein Produkt als vielmehr um einen strukturierten Prozess, der menschliche Expertise mit der analytischen und generativen Kapazität von KI-Systemen verbindet.
Methodischer Aufbau und Prozessarchitektur
Der Kern der DV5 Challenge ist ein modular aufgebauter Workflow, der auf die jeweilige Problemstellung adaptiert wird. Der Prozess gliedert sich in definierte Phasen, beginnend mit einem präzisen Briefing, das über standardisierte Formulare hinausgeht. Hier werden mittels gezielter, offener Fragestellungen die Rahmenbedingungen, Ziele und impliziten Annahmen eines Projekts extrahiert.
Die darauffolgende Phase der Ideengenerierung ist hybrid angelegt. Einerseits wird auf einen kuratierten Katalog von über hundert klassischen Ideenfindungsmethoden zurückgegriffen – von der Walt-Disney-Methode über Synektik bis hin zur morphologischen Analyse. Andererseits werden diese Methoden nicht isoliert angewendet, sondern als Anweisungs-Sets für verschiedene LLMs genutzt. In dieser Phase agiert der menschliche Experte als Kurator und Dirigent: Er wählt die passenden Methoden aus, steuert die KI-Modelle und interpretiert die generierten Outputs im strategischen Kontext des Kunden.
Ein wesentlicher Aspekt des Frameworks ist die bewusste Integration von „Mediensprüngen“ und interdisziplinären Ansätzen. So kann beispielsweise eine textbasierte Markenstrategie in eine visuelle Metapher übersetzt oder ein musikalisches Motiv als Inspiration für eine User-Interface-Animation genutzt werden. Diese gezielte Kombination unterschiedlicher Modalitäten zielt darauf ab, rationale Denkmuster zu durchbrechen und unerwartete Lösungsräume zu erschließen.
Anwendungsfälle und Erkenntnisse aus der Praxis
Die bisherige Anwendung der Challenge in über 25 Projekten für unterschiedliche Auftraggeber – von internationalen Konzernen bis zum Einzelunternehmen – liefert erste empirische Einblicke. Die Fallstudien, wie die Entwicklung einer Song-Kampagne zur Förderung einer internen Wissensdatenbank („WissWiki“) oder die Konzeption einer Guerilla-Marketing-Kampagne („Operation Zufall“), zeigen die Bandbreite der möglichen Anwendungsfelder.
Eine zentrale Erkenntnis ist, dass die Qualität des Ergebnisses maßgeblich von der Präzision des initialen Briefings sowie der kuratorischen Kompetenz des menschlichen Operators abhängt. Die KI fungiert hierbei als ein hochpotenter „Ideen-Akzelerator“, der eine große Menge an Rohmaterial und Variationen erzeugt. Die strategische Einordnung, die Verfeinerung und die finale Ausarbeitung bleiben jedoch eine zutiefst menschliche Leistung.
Darüber hinaus wurde beobachtet, dass die Arbeit mit simulierten KI-Persönlichkeiten („Character Cards“), die spezifische Expertisen wie die eines LLM-Spezialisten oder einer Kreativtexterin abbilden, den Prozess nicht nur effizienter, sondern auch kreativer gestalten kann. Diese spielerische Abstraktionsebene scheint die Bereitschaft zu fördern, unkonventionelle Pfade zu beschreiten.